Der Wolf ist da!
BIWAK 19: Der Wolf ist da! (Eine Ausstellung im Alpinen Museum Schweiz)
Dr Wouf isch los, dr Wouf isch los
Är tuet am Waudrand warte
Am Tubel wo vorbii spaziert
däm bisst är grad id Schwarte (Endo Anaconda)
Und der Wolf, unersättlich, reisst noch einige Schafe, Gämsen, Hirsche, nachdem er bereits Rotkäppchens Grossmutter gefressen hat. Das macht ihn nicht sympathisch. Halt, rufen Andere, ist er nicht der Urahne unserer treublickenden, Stöcklein apportierenden, Blinde führenden, Drogen schnüffelnden, Herden schützenden, knurrenden und bellenden und folgsamen vierbeinigen Begleiter? Das bringt ihn uns näher.
Das Alpine Museum in Bern hat dem Wolf-Thema eine übersichtliche Ausstellung gewidmet, die noch bis am 1. Oktober 2017 zu sehen sein wird. Ich empfehle auch dieses Jahr den Besuch der Ausstellung, vielleicht verbunden mit einem Gang durch die Hauptausstellung, in der sich das Museum mit der Zukunft des Wassers beschäftigt. Vielleicht auch verbunden mit einem Blick auf unsere Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Bundeshaus sowie einer Rast im Café des Pyrenées. Du siehst, liebe Leserin, lieber Leser, das Museum befasst sich mit relevanten Fragestellungen der Gegenwart und nahen Zukunft des Alpenraums. Keine Alpenrosenromantik!
Der Ansatz der Wolf-Ausstellung ist ein sozialanthropologischer. Damit ist gemeint, im Zentrum stehen die Menschen mit ihren Ansichten, Ängsten und Sehnsüchten im Zusammenhang mit dem in unser Land Zurückgekehrten. Zu uns sprechen eine Hirtin aus dem Calandagebiet, ein Wildhüter aus dem Goms, ein Schutzhundezüchter aus dem Misox, ein Gen-Analytiker, eine Tierpräparatorin und einige mehr. Was sie sagen ist wohlüberlegt.
Wie könnte es mit dem Wolf weiter gehen? Die Sozialanthropologen sind vorsichtig mit ihren Antworten. Eine Theorie über unsern Umgang mit den neuen Wilden – Luchs, Bartgeier, Wolf, Bär… – wollen sie vorerst nicht entwickeln – oder diese nicht verraten?
Familiennamen können unterschiedliche Assoziationen wecken, Vor- und Nachteile bedeuten. In der Vorlesung zur theoretischen Nationalökonomie blickte der Assistent von Professor Haas jeweils scharf in den Hörsaal und fragte, ob Fuchs oder Wolf schon eine Antwort auf die von ihm, er hiess Bär, gestellte Frage geben könnten. Unangenehm – ich versuchte mich damals hinter dem Rücken meines Vordermanns unsichtbar zu machen. Im Alpinen Museum hatte ich jedoch Glück: Wer Wolf, Loup oder Lupo heisst, besucht die Wolf-Ausstellung gratis und die Hauptausstellung mit Preisvergünstigung. Nichts wie los!
Jean-Pierre Wolf – Juni 2017